28.06.2011, 10:41 Uhr | Hans Verstegen

Von der Sole zum Erz

28.06.2011
Salzgitter-Bad (Ve). In der Monatsversammlung informierte sich die Senioren-Union über geschichtliche Abschnitte in Bad Salzgitter. Der Ortsheimatpfleger Hans-Georg Knöß hielt einen interessanten Vortrag über Salzgitter. Während der Stadtteil Lebenstedt im Norden mit weniger als 70 Jahren ausgesprochen jung ist, blickt das Zentrum im Süden Salzgitters von der Salzgewinnung bis zum Erzbergbau im frühen 20. Jahrhundert auf mehr als 700 Jahre zurück.
28.06.2011
Salzgitter-Bad (Ve). In der Monatsversammlung informierte sich die Senioren-Union über geschichtliche Abschnitte in Bad Salzgitter. Der Ortsheimatpfleger Hans-Georg Knöß hielt einen interessanten Vortrag über Salzgitter. Während der Stadtteil Lebenstedt im Norden mit weniger als 70 Jahren ausgesprochen jung ist, blickt das Zentrum im Süden Salzgitters von der Salzgewinnung bis zum Erzbergbau im frühen 20. Jahrhundert auf mehr als 700 Jahre zurück. Hans-Georg Knöß schilderte die die Geschichte Salzgitters vor dem Hintergrund der der Nutzung des Salzes bis zur Förderung des Eisenerzes.

Erste Salzquellen wurden schon im 13. Jahrhundert erwähnt. Als Bauern aus Vöppstedter ihre Höfe an die salzigen Sümpfe verlegten, begann Mitte des 14. Jahrhunderts die Geschichte des Ortes Salzgitters. Die Bauern erhielten zu der Zeit Stadtrecht. Die damaligen Herren zu Kniestedt verkauften ihr Recht der Steuererhebung von den Salzbauern an den Bischof von Hildesheim. 1529 fällt der Salinenbezirk an den Herzog von Braunschweig, der im Zuge der Hildesheimer Stiftsfehde die Salzbauern enteignet.

Von 1529 bis 1923 nutzten die Braunschweiger Herzöge (ab 1919 das Land Braunschweig) die Solequellen in Salzgitter. Zeitweise waren bis vier Gradierwerke zur Salzgewinnung in Betrieb. Die Sole mußte auf die Gradierwerke gepumpt werden, um aus der Höhe über Dornensträucher in das Sammelbecken zu fließen. Durch das dabei verdunstende das Wasser erhöhte sich der Salzgehalt. Für den Pumpenbetrieb bei der Soleförderung war Energie erforderlich, die man durch Windmühlen, Pferde oder Wasserkraft gewann. Bergmännisch spricht man bei der Energienutzung von „Kunst“, d. h. die Nutzung durch eine Windmühle ist die „Windkunst“ oder der Antrieb eines Göpels durch Pferde ist die „Pferdekunst“. Das Wasser mußte über große Entfernungen – bis zu 4,2 km – zum Betrieb einer „Wasserkunst“ transportiert werden. Beim Umbau des Marktplatzes wurden in den 70er Jahren noch hölzerne Wasserrohre gefunden, in denen im 15. Jahrhundert das Wasser transportiert wurde. Auch die Gradierwerke hatten erhebliche Ausmaße, das größte war 458 m lang!

Salzgitter war bis in die 1930er Jahre der zentrale Ort des Kreises Goslar und gehörte zur preußischen Provinz Hannover. Der Salinenbezirk gehörte jedoch zu Braunschweig. Er war als exterritoriales Gebiet in Salzgitter eingezäunt und hatte eine Zollstation, die den Braunschweigern im wahrsten Sinne des Wortes „Geld in die Kasse spülte“. Die Tochter des letzten Kaisers, die Herzogin von Cumberland, schenkte Salzgitter 1913 zwar ein Badehaus, aber an die Rückgabe der Saline hat sie nie gedacht. Die Saline brannte später ab und wurde neu aufgebaut. 1929 wurde der Betrieb nach einem Konkurs eingestellt.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde in Salzgitter und Umgebung nach Kali gesucht. Da im nahe gelegenen Thiede bereits ab 1890 ein Kaliwerk arbeitete, wurde auch in Salzgitter Kali vermutet. Erst war es der Landwirt Dannenberg, später der Bohrunternehmer Dörfer, die Suchbohrungen vorantrieben. Man fand zwar Steinsalz, aber Kali wurde nicht nachgewiesen. Mit lancierten Meldungen gelang es der Kalibohrgesellschaft jedoch Anteile zu verkaufen und die „Gewerkschaft Schlüssel“ zu gründen. Sie erhielt die Genehmigung, das Werk „Kalischacht Fürst Bismarck“ zu nennen. Neben dem Grubengebäude selbst wurden umfangreiche oberirdische Betriebsgebäude erstellt. Da ein abbauwürdiges Kalivorkommen ausblieb, wurde in 800m Tiefe ein Querstollen geschlagen, von dem aus eine 1075m tiefe Sohle erschlossen wurde. 1903 wurden die Arbeiten eingestellt, da man noch nicht fündig geworden war. Bis 1907 wurden die Anlagen zurückgebaut.

Auf dem Abbruchgelände wurde dann von Herrn Stoot der Greifpark, ein Freizeitpark mit der Darstellung von Märchen-Szenen errichtet. Im 3. Reich wurden die Plastiken und Gebäude größtenteils als entartete Kunst abgerissen.

Schon Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in Salzgitter mit der Erzförderung begonnen. Die Ilseder Hütte erschloß gegen 1860 die Erzvorkommen „Finkenkuhle“, später auch Haverlahwiese und Hannoversche Treue. Da die sauren Erze schwer zu verhütten waren, wurden sie mit den Erzen aus Ilsede gemischt. Nach dem Gewinn der lothrinschen Eisenlagerstätten wurden die Vorkommen bis 1918 bedeutungslos. Danach belebte sich der Bergbau wieder. Größere Bedeutung gewann er im 3. Reich. Die Vorkommen wurden den Reichswerken Hermann Göring einverleibt. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Förderung wieder aufgenommen, um dann gegen Ende der 1960 Jahre nach und nach eingestellt zu werden.

 

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